KMUs ausgebremst: Ständerat lehnt “Digitale Buchführung erleichtern” ab

KMUs ausgebremst: Ständerat lehnt “Digitale Buchführung erleichtern” ab

Mit Enttäuschung haben wir vom Entscheid des Ständerats vom 7. März 2023 Kenntnis genommen, dass dieser die Motion “Digitale Buchführung erleichtern” abgelehnt hat. Und dies, nachdem der Nationalrat die Motion noch einstimmig unterstützt hatte. Damit ist eine Chance für den Digitalisierungs-Booster für KMU vertan. Digitalisierung bleibt gleich umständlich wie bisher: Buchungsbelege dürfen nur dann elektronisch archiviert werden, wenn komplizierte technische Verfahren wie elektronische Signaturen zur Anwendung kommen. Dies behindert die Digitalisierung von KMUs massiv.

Wieso kommen wir in der Buchhaltung nicht vom Papier los?

Die Geschäftsbücherverordnung bevorzugt Papier gegenüber der elektronischen Archivierung:

  • Zur Archivierung von Papier braucht eine Unternehmung lediglich ein Ordner und ein abschliessbarer Blech-Schrank – beides ist günstig zu haben und ohne jegliche technische Expertise umzusetzen.
  • Zur Archivierung von digitalen Dateien sind die Kosten wesentlich höher: die notwendigen “technischen Verfahren” sind komplex und die Lösungen zum Schutz der Integrität kosten über die Jahre zehntausende von Franken.

Deshalb entscheidet sich heute die Mehrzahl der KMU noch immer, ein Papier-Archiv anzulegen und die Buchhaltung traditionell per Zettelwirtschaft zu führen.

Elektronische Archivierung erfordert zusätzliche Massnahmen

Wieso kann ein Papier ohne weiteres in einem Ordner abgelegt werden? Wieso genügt es im Gegensatz dazu nicht, ein PDF in einem elektronischen Ordner abzulegen? Wieso muss ein PDF noch zusätzlich digital signiert oder in einer Blockchain registriert werden? Wieso verlangt die GeBüV nicht, dass Papierbelege ebenfalls gescannt und in einer Blockchain abgesichert werden müssen?

Selbstverständlich ist auch ein Papier nicht fälschungssicher: Mit etwas krimineller Energie, einem Scanner, etwas PowerPoint Kenntnissen und einem Standard-Drucker kann ein Papier-Beleg ohne weiteres verfälscht werden.

Wer diese kriminelle Energie aufbringt, tut dies sofort beim Erhalt und bevor der Beleg im Archiv abgelegt wird. Egal ob es sich um ein Papier oder um eine Datei handelt. Wenn das verfälschte Papier oder die Datei im Anschluss im Archiv abgelegt wird, dann ändern sämtliche Vorschriften der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) nichts mehr daran: Die von der GeBüV geforderten Vorschriften können nur beweisen, dass der Beleg seit der Ablage im Archiv nicht mehr verändert wurde. Dass der Beleg nie verändert wurde, kann nur durch den Nachweis des Ursprungs und der Unverändertheit über die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung nach OR 957ff (z.B. Vorlage eines Vertrags) erbracht werden. Die Motion forderte, dass genau die Vorschriften des OR ausreichen sollten.

WORM-Medien sind unpraktikabel

Die GeBüV lässt neben Papier auch Mikrofichen und WORM-Medien (Write Once Read Many) zu. WORM-Medien wie CD Rom oder DVD sind heute kaum mehr verbreitet – in 10 Jahren (so lange dauert die Aufbewahrungsfrist von Belegen) noch weniger. Eine CD Rom ist darüber hinaus für die 10-jährige Aufbewahrungsfrist aufgrund der Haltbarkeit (5 Jahre) ungeeignet. Im Handel findet man heute kaum mehr Notebooks mit CD-ROM. Cloud Angebote für WORM-Archivierung werden nur bei Speicherung im Ausland (AWS) angeboten.

Ständerat verpasst eine Chance

Schweizer KMU gelten im internationalen Vergleich in Sachen Digitalisierung als rückständig. Viele Prozesse beginnen oder enden in der Buchhaltung. So lange in der Buchführung Papier staatlich gefördert wird, werden viele KMU bei der Papierbuchhaltung bleiben. Der Netzwerkeffekt verhindert, dass der Austausch von digitalen Belegen keine Oberhand gewinnt. So bleiben weitere Digitalisierungsbestrebungen auf der Strecke.

Dabei könnte die Digitalisierung der Buchhaltung besonders in Zeiten des Fachkräftemangels grosse Erleichterung bewirken: Digitale Formate wie E-Bill und ZUGFeRD haben das Potential, Daten medienbruchfrei und automatisch zwischen Buchhaltungen auszutauschen. Eine automatische Buchhaltung würde KMU viele Stunden an Buchführungsarbeit und erhebliche Kosten einsparen.

Die letzte Hoffnung liegt nun auf der Petition “KMU Modernisieren – Buchhaltung Digitalisieren”, welche von rund 800 Personen unterzeichnet und an den Bundesrat eingereicht wurde. Wir bleiben gespannt, wie sich der Bundesrat entscheiden wird.

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