Den ersten Mitarbeiter einzustellen ist ein grosser Schritt für Ihr Startup. Sie übernehmen damit nicht nur eine Portion zusätzliche Verantwortung – plötzlich sind Sie für den Lebensunterhalt einer anderen Person verantwortlich! Dieser Schritt ist auch ein starkes Signal gegen aussen an Ihre Kunden, Lieferanten und Konkurrenten. Eine Person hat sich dafür entschieden, Sie bei der Umsetzung Ihrer Geschäftsidee zu unterstützen! Dabei nimmt der erste Mitarbeiter gewöhnlich ein erhebliches Risiko in Kauf.
Sie müssen sich besonders bewusst sein, dass der erste Mitarbeiter viel Aufmerksamkeit benötigt. Sie müssen den ersten Mitarbeiter allein einarbeiten. Er wird viele Fragen haben, denn meist ist in einem Startup nur wenig dokumentiert. Und Sie sind seine einzige Ansprechperson. Wenn es aber mit ihrem Mitarbeiter gut funktioniert, dann bedeutet das dank der zusätzlichen Bandweite auch, dass Sie sehr viel schneller voranschreiten können als bisher.
Bei Run my Accounts dauerte es über ein Jahr, bis ich mit Silvan den ersten Mitarbeiter eingestellt hatte. Ich wollte mir sicher sein, dass die Zeit reif war, dass ich den Mitarbeiter finanzieren konnte – und, dass er der richtige war. Schliesslich war ich mir bewusst, dass ich sehr viel meiner knappen Zeit in meinen neuen Kollegen investieren musste.
Dieser entscheidende Schritt in der Entwicklung eines Startups muss also gut überlegt sein. Nachfolgend finden Sie einige Tipps, die ich Ihnen aus meiner eigenen und mit Run my Accounts Kunden geteilten Erfahrungen auf den Weg geben möchte.
Ersten Mitarbeiter jetzt einstellen oder noch zuwarten?
Es gibt verschiedene Zeichen, die aufzeigen, ob es jetzt an der Zeit ist, Ihren ersten Mitarbeiter einzustellen. Dazu gehören:
- Sie haben zu viel Arbeit: Ein Luxusproblem, für das Sie dankbar sein sollten. Vor allem wenn es um die Erzielung von Umsatz geht, dann ist es sehr sinnvoll, einen Mitarbeiter einzustellen. Aufträge abzulehnen, wäre ein schlechtes Zeichen.
- Sie brauchen Expertise: Ein Gründer muss und kann nicht alles wissen. Wenn es um den Aufbau von Kernkompetenzen geht, ist möglicherweise eine Zusammenarbeit mit einem externen Partner der falsche Weg.
- Freelancer bringen sie nicht weiter: Es kann aufwändig sein, Freelancer zu koordinieren. Sie brauchen mehr internes Know-how, um schlagkräftiger zu werden.
- Qualitätsprobleme Ihrer Produkte: Wenn Sie zu wenig Zeit haben, sich um die Leistungserstellung zu kümmern, dann kann sich das in schlechter Qualität auswirken. Das müssen sie sofort stoppen.
- Mangelnde Kundenbetreuung: Ihre Kunden sind Ihr Kapital. Sie müssen genügend Zeit haben, mit Kunden zu sprechen und ihr Feedback einzuholen.
- Firma verkaufen: Niemand würde Ihre Firma kaufen, wenn diese zu 100% von ihnen abhängt. Sie brauchen dafür ein System bestehend aus Organisation, Produkten und Prozessen, das auch ohne Sie funktioniert.
- Kein Wachstum mehr: Möglicherweise hält sie das Tagesgeschäft von der Suche nach einer neuen Wachstumsstrategie ab. Agieren Sie unternehmerisch!
- Neue Opportunitäten: Sie sind auf eine neue Idee gestossen und haben Lust, diese umzusetzen. Es ist wichtig, agil zu sein und zu bleiben. Nur wenn Sie sich verändern, können Sie neue Ufer erreichen.
- Sie sind nicht erreichbar: Sie sind ständig in Meetings mit Kunden oder Lieferanten und sind gar nicht mehr erreichbar für ihr Business-Umfeld.
- Keine Erholung: Wenn Sie sich aus zeitlichen Gründen keine Erholung in Ferien oder an den Wochenenden mehr herausnehmen können, dann läuft etwas schief. Ihrer Gesundheit zuliebe sollten sie handeln.
- Sie übersehen Details: Oft kommt es auf die Feinheiten darauf an. Damit überraschen Sie Ihre Kunden. Wenn Sie keine Zeit mehr dafür haben, müssen Sie etwas verändern.
- Impuls notwendig: Eine frische Perspektive kann manchmal Wunder bewirken. 4 Augen sehen mehr als 2. Ihr erster Mitarbeiter könnte Ihnen einen Impuls versetzen, um das Startup auf die nächste Stufe zu katapultieren.
Können Sie sich ihren ersten Mitarbeiter überhaupt leisten?
In der Schweiz machen die Arbeitskosten in der Regel einen sehr gewichtigen Teil der Gesamtkosten aus. Deshalb soll die Einstellung des ersten Mitarbeiters auch aus finanzieller Perspektive wohlüberlegt sein. Gerade als Startup stecken Sie die Verdoppelung der Lohnkosten nicht so ohne weiteres weg.
Um sicherzustellen, dass die Einstellung Ihres ersten Mitarbeiters Ihr junges Unternehmen nicht in den Ruin treibt, sollten Sie Ihre Buchhaltung konsultieren. Beachten Sie dabei auch, dass Sie nicht nur den Lohn Ihres Mitarbeiters finanzieren können müssen, sondern auch seine Sozialabgaben. Je nach Struktur Ihres Personals kosten Sie die Arbeitgeberbeiträge für AHV / ALV / FAK / UVG / KTG / BVG ca. 11 bis 13% der Bruttolohnsumme. Daneben müssen Sie auch in den Arbeitsplatz Ihres neuen Mitarbeiters investieren: Pult, Computer, Telefon und weitere Arbeitsgeräte. Ausserdem benötigen Sie eventuell mehr Platz und müssen Ihr Büro erweitern. Mit Hilfe unseres Vollkostenrechners können sie einfach herausfinden, wie viel Sie ein Mitarbeiter wirklich kostet.
Möglicherweise bedeutet die Einstellung des ersten Mitarbeiters auch, dass Sie den Gürtel enger schnallen müssen und in Monaten mit weniger Umsatz Ihren Lohn kürzen müssen.
Allenfalls können Sie sich auch überlegen, Ihren Mitarbeiter an der Firma zu beteiligen, damit er eventuell Kompromisse beim Lohn macht. Aber aufgepasst: Solche Aktien werden von der Steuerverwaltung möglicherweise als Mitarbeiter-Aktien qualifiziert. Und dies kann weitgehende Konsequenzen in der Einkommensbesteuerung und bei den zu bezahlenden Sozialversicherungen haben. Klären Sie die Ausgabe von Mitarbeiter-Aktien bereits im Vorfeld genauestens mit einem Steuerspezialisten ab!
Suchen Sie jemanden, der Ihre Vision teilt!
Bei den meisten Personalentscheiden kaufen Sie die Katze im Sack. Oft ist es vor der Einstellung nicht möglich, den Mitarbeiter wirklich gut kennen zu lernen. Dasselbe gilt auch umgekehrt: ihr neuer Mitarbeiter kennt auch Sie und Ihre Macken nicht. Gerade beim Mitarbeiter Nummer 1 sollten Sie sich sicher sein, dass er der richtige ist, der an Ihrer Seite die Firma aufbauen kann. Ein falscher Personalentscheid beim ersten Mitarbeiter könnte Ihr Vorhaben in eine ernsthafte Krise stürzen. Wenn Sie sich unvorhergesehen wieder von Ihrem ersten Mitarbeiter trennen müssen, dann war die gesamte in ihn investierte Zeit umsonst.
Sie sollten deshalb nach einem Mitarbeiter suchen, der Teil Ihres Unternehmens sein möchte. Ein Mitarbeiter, der sich in Ihre Idee und Ihren Traum hineinversetzen kann. Dafür muss er bereit sein, viel von sich selbst zu geben, sich voll einzubringen, einen grossen Einsatz zu leisten und auch eine gewisse Frustrationstoleranz aufweisen. Dies wird nur funktionieren, wenn er sich mit Ihrer Vision vollständig identifizieren kann. Nur dann ist eine tragfähige Basis für das gemeinsame «Abenteuer Startup» gegeben. Eine Person, die sofort nach dem Lohn fragt und sich nach den zusätzlichen Leistungen erkundigt, hat möglicherweise das falsche Motiv, um mit Ihnen zusammen ein Startup aufzubauen.
Risiko einer falschen Anstellung vermindern
Damit sie das Risiko einer falschen Auswahl verringern können, sollten Sie geeignete Kandidaten zu einem Schnuppertag zu sich einladen. Arbeiten Sie einen Tag intensiv mit der Person zusammen, gehen Sie zusammen Mittagessen und in die Pause. Unterhalten Sie sich intensiv und achten Sie sich besonders darauf, wie der Bewerber arbeitet und ob er Ihre Erwartungen erfüllt. Versuchen Sie auch herauszufinden, wie Ihr Kandidat mit Druck umgehen kann. Wie hoch ist seine Bereitschaft, auch mal Grenzen zu überschreiten, bis spät am Abend oder am Wochenende zu arbeiten? Sie werden viel Zeit zusammen verbringen. Da ist es auch entscheidend, dass Sie sich gegenseitig mögen. Möglicherweise ist dieser Faktor sogar wichtiger als seine aktuelle Expertise. Testen Sie sich gegenseitig aus, bevor Sie einen Arbeitsvertrag unterzeichnen.
Ob ein Startup erfolgreich ist, hängt stark davon ab, wie gut das Team funktioniert. Deshalb sollten Sie auch darauf achten, dass Ihr erster Mitarbeiter teamfähig ist, damit auch später eingestellte Mitarbeiter sich wohl fühlen. Ihr Mitarbeiter Nr. 1 muss später sein Wissen mit anderen Mitarbeitern grosszügig teilen, damit Sie weiterwachsen können.
Welche Rolle wollen Sie besetzen?
Der erste Mitarbeiter soll sie gut entlasten, damit Sie sich aufs Business Development fokussieren und ihr Startup zum Wachstum bringen können.
In grösseren und etablierten Unternehmen arbeiten viele Spezialisten: Marketing, Verkauf, Produktion, Entwicklung, etc. Doch Sie sind nur zu zweit und müssen sich alle Arbeit aufteilen. Im Idealfall ergänzt Sie der erste Mitarbeiter perfekt. Doch was muss er dazu mitbringen? Brauchen Sie eher einen Allrounder, den Sie auf vielen verschiedenen Aufgabenbereichen einsetzen können? Oder vielleicht eher einen Spezialisten, der sich einem ganz bestimmten Thema annimmt, welchem Sie sich eher entledigen wollen oder sie nicht so gut beherrschen und zusätzliches externes Know-how benötigen?
Die Rolle des Gründers eines Startups sollte es sein, sich möglichst selbst redundant zu machen. Immer wieder aufs Neue. Alles was sie tun, sollte auch jemand anders machen können. Dazu müssen Sie Verantwortung abgeben und loslassen können. Am einfachsten ist das, wenn Ihr erster Mitarbeiter Sie an einer Stelle ergänzt, wo ihnen das besonders leichtfällt. Denken Sie dabei aber auch schon an Mitarbeiter Nr. 2, 3 und 4 und wie Sie die Arbeit in einer späteren Phase aufteilen können.
Ein neuer Mitarbeiter ist einfacher finanzierbar, wenn er einen Umsatz erzielt. Deshalb rate ich Ihnen, den ersten Mitarbeiter möglichst produktiv einzusetzen und ihn möglichst keine administrativen Arbeiten erledigen zu lassen.
Wappnen Sie sich für die Herausforderung!
Mitarbeiter Nummer 1 ist am schwierigsten. Es ist sehr viel härter, den ersten Mitarbeiter einzustellen, als Nummer 2, 3 oder 4. Wenn Sie so weit sind, dass Sie ihren ersten Mitarbeiter einstellen können, haben sie schon sehr viel Vorleistung erbracht und eine Firma aufgebaut, die mehr als nur Sie selbst beschäftigen kann. Und dann kommt plötzlich eine neue Person, die Ihre Gewohnheiten herausfordert, ständig Fragen stellt und viele Fehler macht. Und sie werden dann bemerken, dass Ihre Systeme und Prozesse eventuell doch nicht so solide waren, wie Sie es sich gedacht hatten. Insbesondere dann, wenn der neue Mitarbeiter diese nicht versteht.
Ob sie allein oder zu zweit arbeiten, ist ein fundamentaler Unterschied. Wenn Sie allein arbeiten, können Sie sich vollständig auf Ihre Kunden fokussieren. Mit Mitarbeiter Nr. 1 müssen Sie beweisen, dass Sie managen können. Es wird Sie viel Zeit kosten, sich mit Ihrem neuen Mitarbeiter abzustimmen, ihn zu führen und zu fördern. Dabei investieren Sie plötzlich viel Zeit, die Sie vorher für andere Dinge nutzen konnten. 1 + 1 wird deshalb nicht von Beginn weg 2 sein (schon gar nicht 3), sondern in den meisten Fällen eher 1.5.